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Endrenovierungspflicht des Mieters durch Individualvereinbarung 6. Mai 2009 | Bau- u. Immobilienrecht| von unserem
Kooperationspartner Herrn Rechtsanwalt M. Radu
Die individuell vereinbarten Übernahme der Endrenovierungspflicht durch den Mieter unterliegt nicht der Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Diese wird bei
Zusammentreffen mit einer (unwirksamen) Formularklausel auch nicht von der Unwirksamkeit der Formularklausel erfasst.
Die Ausgangslage:
Eine mietvertragliche Formularklausel mit sogenannten „starren“ Renovierungspflichten ist gemäß der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) unwirksam und hat zur
Folge, dass auch die allgemeine Überwälzungsklausel für Schönheitsreparaturen auf den Mieter unwirksam. Dasselbe gilt für eine starre, vom Abnutzungszustand der Wohnung losgelöste
Endrenovierungsklausel. Diese für den Vermieter mitunter sehr nachteilige Rechtsprechungspraxis des höchsten deutschen Zivilgerichtes führte zu der Überlegung, diese Folgen durch
Individualabreden für das laufende Mietverhältnis und zum Ende des Mietverhältnisses abzumildern, dass sich ein Mieter auch für den Fall einer Unwirksamkeit der
Überwälzungsklausel für Schönheitsreparaturen zur Durchführung derselben verpflichtet. Über die Wirksamkeit einer solchen Individualabrede hatte der BGH nun zu entscheiden.
Der Fall:
Der Mietvertrag (Formularmietvertrag, Stand 2000) über eine Zwei-Zimmer-Wohnung enthielt zu den Schönheitsreparaturen in § 16 vom 12.02.2000 folgende Bestimmung:
„1. Schönheitsreparaturen, nämlich das Anstreichen, (...), hat der Mieter während der laufenden Mietzeit regelmäßig auszuführen, und zwar während der Mietzeit
mindestens in folgenden Zeitabständen: (...). Soweit der Zustand des Mietobjekts es erfordert, sind die Schönheitsreparaturen schon vorher auszuführen.
2. Bei Beendigung des Mietverhältnisses hat der Mieter die Räume unabhängig von der Dauer in dem Zustand zurückzugeben, der einer ordnungsgemäßen Instandsetzung i.S.d. Absatzes 1
entspricht.“
Anlässlich der Wohnungsübergabe unterzeichneten die Parteien am 06.03.2000 ein maschinenschriftlich gefertigtes Übergabeprotokoll, das unter Ziffer 6 folgende Regelung
enthielt:
„Der Mieter übernimmt vom Vormieter die Wohnung im renovierten Zustand. Er verpflichtet sich dem Vermieter gegenüber, die Wohnung ebenfalls im renovierten
Zustand zu übergeben.“
Zum Ende des Mieterverhältnisses lehnte der Mieter die Durchführung von Schönheitsreparaturen ab. Der Vermieter verlangte nun unter anderem den Ersatz der Kosten für die nach
seiner Behauptung erforderlichen Renovierungsarbeiten. Damit hatte er beim Amts- und Landgericht (als Berufungsgericht) keinen Erfolg, was zur zugelassenen Revision des Vermieters
zum BGH führte.
Die Entscheidung:
Nach Ansicht des BGH ist das Landgericht zutreffend davon ausgegangen, dass der Anspruch des Vermieters nicht auf die in der Formularklausel vorgesehene Endrenovierungspflicht des
Mieters gestützt werden könne. Diese Klausel sei nach der Rechtsprechung des BGH als starre, vom Abnutzungszustand der Wohnung losgelöste Endrenovierungsklausel anzusehen.
Dasselbe gelte für die durch einen starren Fristenplan gekennzeichnete Klausel zur Überwälzung der Pflicht zur Vornahme der laufenden Schönheitsreparaturen auf den Mieter.
Allerdings ist der BGH entgegen dem Berufungsgericht der Ansicht, dass die Endrenovierungsabrede des Übergabeprotokolls, die für sich allein schon den aus der verweigerten
Endrenovierung abgeleiteten Schadenersatzanspruch tragen würde, nicht als unwirksam angesehen werden könne. Jedenfalls als Gegenstand einer isolierten Individualvereinbarung
beständen gegen die Wirksamkeit einer solchen Abrede keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken, auch wenn danach die Endrenovierungspflicht unabhängig vom aktuellen
Erhaltungszustand der Wohnung eingreifen solle.
Das Berufungsgericht habe diese Vereinbarung als individuelle Abrede angesehen, so dass das für das Revisionsverfahren zu unterstellen sei. Die Unwirksamkeit der getroffenen
Endrenovierungsabrede folge auch nicht daraus, dass der Mieter durch ihr Zusammentreffen mit der allgemeinen Überwälzungsklausel und einen dadurch eintretenden Summierungseffekt
unangemessen belastet werde. Dieser Summierungseffekt sei ein besonderes Bewertungskriterium zur Beurteilung einer von § 307 BGB erfassten unangemessenen Benachteiligung des
Klauselgegners durch eine Formularklausel.
Von der Feststellung eines derartigen Effekts werde deshalb auch nur die Formularklausel betroffen, während die Individualvereinbarung, die den in den §§ 305 ff. BGB für
Allgemeine Geschäftsbedingungen aufgestellten Regelungen nicht unterläge, grundsätzlich wirksam bleibe.
Die beiden Klauseln stellten aus Sicht des BGH trotz ihres sachlichen Zusammenhangs auch nicht ein einheitliches Rechtsgeschäft i.S.d. § 139 BGB dar, das bei Nichtigkeit eines
Teils im Zweifel insgesamt nichtig sei. Dies sei nur dann denkbar, wenn die Formularbedingung und die individuelle Abrede gleichzeitig vereinbart worden seien. Vorliegend sei die
Endrenovierungspflicht dagegen in individueller Form nachträglich vereinbart und auf diese Weise in einen Mietvertrag eingefügt worden. Durch die im Protokoll der Wohnungsübergabe
vereinbarte Endrenovierungspflicht hätten die Parteien dem bestehenden Mietvertrag also nur später noch eine weitere Abrede hinzugefügt, ohne den sonstigen Bestand an Rechten und
Pflichten zu verändern.
Praxishinweis:
In Zukunft werden individuelle Vereinbarungen in Wohnungsübergabeprotokollen Bedeutung erlangen, jedenfalls immer dann, wenn Schönheitsreparatur- und/oder Endrenovierungsklauseln
sich wegen einer starren Fristenregelung im Lichte der nun ständigen Rechtsprechung des BGH sich als unwirksam herausstellen.
Besondere Bedeutung könnte Vereinbarungen in Abnahmeprotokollen zukommen, da hier deutlich der Kontext zum Vertragsschluss fehlt, ebenso der (vermeintliche) Druck für den Mieter,
eine Klausel nur im Hinblick auf den ansonsten nicht zustande kommenden Mietvertrag zu akzeptieren.
Die Streitpunkte werden sich daher zukünftig auf die Frage verlagern, ob es sich bei Schönheitsreparatur-/ Endrenovierungsvereinbarungen um Individualvereinbarungen handeln. Hier
wird es darauf ankommen, einerseits alles zu vermeiden, was für eine über den Einzelfall hinaus reichende Regelung hindeutet und andererseits eine zeitliche Distanz zu den
mietvertraglichen Vereinbarungen im engeren Sinne zu schaffen.
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